Immobilienbewertung und die Erkennung von Bauschäden und deren Berücksichtigung im Gutachten

Bei der Verkehrswertermittlung von bebauten Grundstücken ist nach § 6 Abs. 5 ImmoWertV auch der bauliche Zustand bewertungsrelevant in Bezug auf die Grundstücksmerkmale und ist - soweit dies den Verkehrswert beeinflusst - entsprechend zu berücksichtigen. Kleinere Mängel und normale Abnutzung sind in der Regel durch die Abschreibungswertminderung erfasst. Darüberhinausgehende Mängel wie. z.B. ein feuchter Keller durch eindringende Feuchte oder ein undichtes Dach oder eine defekte Heizung sind wertmindernd zu berücksichtigen da diese Mängel i.d.R. den Kaufpreis beeinflussen.

Nun sind Immobilienwertermittler in der Regel aber keine Bausachverständige und können eventuelle Bauschäden nicht bis ins Detail beurteilen - insbesondere dann nicht, wenn die genaue Schadensfeststellung erst durch Bauteilöffnungen erfolgen kann. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass Mängel oftmals in vollmöblierten Häusern oder zugestellten Kellerräumlichkeiten gar nicht erkennbar sind, solange die Immobilie nicht geräumt ist.

Dazu sind sie aber auch nicht verpflichtet.
Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 02.03.2017 (Az.: 3 U 56/07) entschieden, dass keine Haftung des Immobilienbewerters nach § 839a BGB wegen grob fahrlässig erstatteten unrichtigen Gutachtens begründet ist, wenn dieser für ihn nicht erkennbare Baumängel nicht in seinem Gutachten berücksichtigt.

Im zu entscheidenden Fall hatte der Sachverständige in einem Zwangsversteigerungsverfahren eine Immobilie bewerten müssen. Dabei hatte er die Immobilie im bewohnten Zustand, möbliert, mit verkleideten Wänden, Decken und Deckenuntersichten besichtigt und in seinem Wertgutachten Baumängel und Bauschäden soweit aufgenommen, wie sie zerstörungsfrei, d. h. offensichtlich erkennbar waren.

Unter der Rubrik "Baumängel/Bauschäden" gab er an: "Feuchtigkeitsschäden, Putzschäden". Als sonstige Besonderheit stellte er einen Unterhaltungsstau fest. Zum Zustand des Gebäudes hatte der Sachverständige unter der Rubrik "Bauschäden und Baumängel" ausgeführt: "Erkennbar, Feuchtigkeitsschäden; Putzschäden". Am Ende dieses Abschnittes hat er als Allgemeinbeurteilung ausgeführt: "Der bauliche Zustand ist befriedigend. Es besteht ein erheblicher Unterhaltungsstau und allgemeiner Renovierungsbedarf." Demzufolge hatte er in seinem Gutachten für Bauschäden, Unterhaltungsstau und Modernisierungnotwendigkeit eine Verkehrswertminderung von € 20.500,- kalkuliert. Zusammenfassend betrachtet hatte der Sachverständige somit zwar Feuchtigkeitsschäden angenommen, aber deren Ausmaß nicht festgestellt, jedoch darauf hingewiesen, dass er keine Bauteilöffnungen vorgenommen hat. Im Nachhinein stellten sich durch weitere Untersuchungen und Bauteilöffnungen erhebliche Schäden heraus, was in der Folge zu einer Klage gegen den Immobilienbewerter führte.

Diese wies das OLG Frankfurt ab. Grundsätzlich sei darauf abzustellen, wie sich das Objekt für den Beklagten darbot, als er es zum Zwecke der Erstellung seines Wertgutachtens besichtigte. Die Fäulnisschäden und die Schäden am Fachwerk seien nicht ohne Bauteilöffnung bzw. "nicht direkt und nicht offensichtlich" zu erkennen gewesen. Zu eigenen weiteren Feststellungen möglicher Bauschäden sei der Immobilienbewerter nicht verpflichtet. Zudem habe der Sachverständige offen gelegt, welche Bauschäden er erkennen konnte und diese mit einem Abschlag berücksichtigt.

Leitsätze die sich hieraus gemäß dem Institut für Sachverständigenwesen ergeben:

1. Ein Immobilienbewerter darf sich, anders als der speziell mit der Feststellung von Baumängeln beauftragte - und diesbezüglich besonders sachkundige - Gutachter für Bauschäden im Allgemeinen mit der Inaugenscheinnahme des Versteigerungsobjekts begnügen, und muss erst dann weitere Ermittlungen zu etwaigen Mängeln anstellen, wenn hierzu nach den Umständen im konkreten Fall Anlass besteht.

2. Angesichts des Umstandes, dass der Immobilienbewerter in seinem Gutachten jedenfalls auf Putzschäden und Feuchtigkeitsschäden hingewiesen hat, die unter Einbeziehung dieser Positionen einen Verkehrswertabschlag von € 20.500,- vorgenommen hat, kann grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten nicht angenommen werden, da gesicherte Feststellungen auf den Zustand, der sich dem Beklagten bei der Besichtigung des Objektes bot, nicht getroffen werden konnten.

Insoweit steht das Urteil mit der Rechtsprechung des BGH im Einklang:
"Anders als der speziell mit der Feststellung von Baumängeln beauftragte - und diesbezüglich besonders sachkundige - Gutachter darf sich der Verkehrswertgutachter im Allgemeinen mit der Inaugenscheinnahme des Versteigerungsobjekts begnügen und muss erst dann weitere Ermittlungen zu etwaigen Mängeln anstellen oder entsprechende Hinweise geben, wenn hierzu nach den Umständen des konkreten Falls Anlass besteht"

BGH, Urteil vom 10.10.2013, III ZR 345 / 12, Zugriff am 28.8.2017

Insoweit sind die in einem Verkehrswertgutachten angegebenen Kosten nur pauschal in Anlehnung an Erfahrungswerte und einschlägigen Baukostentabellen und in dem beim Ortstermin augenscheinlichen Ausmaß berücksichtigt. Sie sind daher auf keinen Fall als Grundlage bzw. Kostenvoranschläge für weitere Planungen geeignet. Es werden insbesondere keine weitergehenden Untersuchungen bezüglich möglicher Ursachen für die aufgezählten Unterhaltungsrückstände bzw. Schäden durchgeführt. Eine Ursachenforschung ist nur im Rahmen eines speziellen Bauschadens bzw. Bausubstanzgutachtens möglich, nicht jedoch in einem Verkehrswertgutachten.

Quelle: IFS Informationen Ausgabe 01-2018 Seite 17 ff. und eigene Recherchen

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